Der Titel hätte auch „E wie Entengang“ heißen können. Während sich Entchen im Eckensee vor dem Stuttgarter Opernhaus treiben lassen, sind an Land anmutige Wesen im Entengang unterwegs. Die Zehen zeigen nach außen, die Füße weit gesetzt. Der Gang verrät die Ballerina schon von Weitem. Das sogenannte en dehors, die Auswärtsdrehung der Beine, ist Basis aller Bewegungen und hat sich eingeschrieben in die TänzerInnen-DNA. Das Turnout, was für Enten natürlich ist, kann Menschen allerdings auf Dauer Schmerzen bereiten. Ein Ausgleich mit nach vorne oder sogar einwärts gerichteten Beinen, im en dedans, wäre gesund, meint der Physiotherapeut des Stuttgarter Balletts Matthias Knop. Doch „im Ballett ist nichts in Maßen. Wie in jedem anderen Hochleistungssport gehen die TänzerInnen an ihre Grenzen“, sagt er. Deshalb werden kleine Kinder mit großen Ballettträumen vor der Aufnahme an eine Akademie auf ihre körperliche Eignung geprüft. Ausschlaggebend ist der Antetorsionswinkel. Genauer gesagt: der Winkel, der zwischen der Hauptachse des Oberschenkelhalses und der Querachse der beiden Oberschenkelkondylen des distalen Oberschenkels gebildet wird. Weniger kompliziert wäre zu merken: Wer profimäßig tanzen möchte, muss einen großen Spielraum im Hüftgelenk mitbringen.
Die meisten Normalsterblichen können ihre Beine jeweils in einem ca. 30 bis 40 Grad Winkel nach außen rotieren. ProfitänzerInnen erreichen ca. 60 bis 70 Grad. Zum perfekten en dehors verhelfen weitere 5 Grad im Knie und 15 Grad im Fuß, sodass die Füße in der 1. Position auf einer Linie stehen. Dabei war der perfekte 180-Grad-Winkel nicht immer das Ideal. In der Renaissance, als das Ballett noch in den Kinderschuhen steckte, wurden 90 Grad angestrebt. Erst im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich unter den TanzmeisterInnen durch, dass die Fußspitzen weit nach außen zeigen sollten. Dazu bewogen sie funktionelle und optische Gründe. Zum einen wirken auswärtsrotierte Beine länger, die Gestalt eleganter. Zum anderen lassen sich Beine im en dehors vor allem zur Seite hoch anheben, während gleichzeitig der Stand stabil bleibt. Parallel wäre es für die TänzerInnen ein Ding der Unmöglichkeit, ihre unteren Gliedmaßen so durch die Lüfte kreisen und sich athletisch in alle Richtungen verbiegen, wie sie es heute tun.
Matthias Knop predigt seinen Schützlingen, Flexibilität und Stabilität in Balance zu bringen. Sich entspannt im Spagat zu räkeln oder das Bein neben das Ohr zu schmeißen, fördere nur die Beweglichkeit. Vielmehr müssen sie die Kraft aufbauen, um die Positionen sauber im Auswärts halten zu können. Ansonsten leiden andere Körperpartien. Deshalb achtet Matthias Knop darauf, dass sie die richtigen Muskeln kräftigen, die richtigen dehnen – „richtig“ für den jeweiligen Körper. Probleme treten oft auf, wenn TänzerInnen im Knie ausgleichen, was die Hüfte nicht hergibt. Oder im Sprunggelenk. Oder in der Hüfte selbst. „Und wenn Knorpel weg ist, ist er weg“, erklärt der Physiotherapeut nüchtern. Doch wer sein Leben lang das Turnout forciert hat, für den können sich parallel ausgerichtete Beine sehr unangenehm anfühlen. Trotzdem rät er jungen TänzerInnen, dem Körper im Alltag eine Pause vom en dehors zu gönnen. Während des Corona-Lockdowns hat er sie zum Joggen geschickt. Sie bräuchten keinen Marathon zu laufen, ein kleiner Sprint genüge. Selbst bei den nach außen gepolten TänzerInnen schaltet der Körper automatisch um. Denn echte Enten watscheln, sie rennen nicht.
Pia Boekhorst
Die meisten Normalsterblichen können ihre Beine jeweils in einem ca. 30 bis 40 Grad Winkel nach außen rotieren. ProfitänzerInnen erreichen ca. 60 bis 70 Grad. Zum perfekten en dehors verhelfen weitere 5 Grad im Knie und 15 Grad im Fuß, sodass die Füße in der 1. Position auf einer Linie stehen. Dabei war der perfekte 180-Grad-Winkel nicht immer das Ideal. In der Renaissance, als das Ballett noch in den Kinderschuhen steckte, wurden 90 Grad angestrebt. Erst im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich unter den TanzmeisterInnen durch, dass die Fußspitzen weit nach außen zeigen sollten. Dazu bewogen sie funktionelle und optische Gründe. Zum einen wirken auswärtsrotierte Beine länger, die Gestalt eleganter. Zum anderen lassen sich Beine im en dehors vor allem zur Seite hoch anheben, während gleichzeitig der Stand stabil bleibt. Parallel wäre es für die TänzerInnen ein Ding der Unmöglichkeit, ihre unteren Gliedmaßen so durch die Lüfte kreisen und sich athletisch in alle Richtungen verbiegen, wie sie es heute tun.
Matthias Knop predigt seinen Schützlingen, Flexibilität und Stabilität in Balance zu bringen. Sich entspannt im Spagat zu räkeln oder das Bein neben das Ohr zu schmeißen, fördere nur die Beweglichkeit. Vielmehr müssen sie die Kraft aufbauen, um die Positionen sauber im Auswärts halten zu können. Ansonsten leiden andere Körperpartien. Deshalb achtet Matthias Knop darauf, dass sie die richtigen Muskeln kräftigen, die richtigen dehnen – „richtig“ für den jeweiligen Körper. Probleme treten oft auf, wenn TänzerInnen im Knie ausgleichen, was die Hüfte nicht hergibt. Oder im Sprunggelenk. Oder in der Hüfte selbst. „Und wenn Knorpel weg ist, ist er weg“, erklärt der Physiotherapeut nüchtern. Doch wer sein Leben lang das Turnout forciert hat, für den können sich parallel ausgerichtete Beine sehr unangenehm anfühlen. Trotzdem rät er jungen TänzerInnen, dem Körper im Alltag eine Pause vom en dehors zu gönnen. Während des Corona-Lockdowns hat er sie zum Joggen geschickt. Sie bräuchten keinen Marathon zu laufen, ein kleiner Sprint genüge. Selbst bei den nach außen gepolten TänzerInnen schaltet der Körper automatisch um. Denn echte Enten watscheln, sie rennen nicht.
Pia Boekhorst


Fotos: David Moore mit Physiotherapeut Matthias Knop (links), Martí Fernández Paixà u.a. (rechts), © Roman Novitzky
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